Archäologie hautnah: Von Scherben, Steinen und Wohlgeruch

Julia Theus, marie Theres Wittmann, Jane Schaffrath (v. l. n. r.)

Was haben anti­ke Städ­te Nord­afri­kas, Par­fum und ein Grund­kurs Latein gemein­sam? Mehr, als man auf den ers­ten Blick ver­mu­ten wür­de, wie der Besuch von Marie The­res Witt­mann, Pro­mo­ti­ons­stu­den­tin der Klas­si­schen Archäo­lo­gie am Lin­coln Col­lege der Uni­ver­si­ty of Oxford, ein­drucks­voll bewies. Mit ihrem Vor­trag am 17. Dezem­ber 2024 ent­führ­te sie die Latein­grund­kur­se der 11. und 12. Jahr­gangs­stu­fe des Hein­rich-Hertz-Gym­na­si­ums auf eine fas­zi­nie­ren­de Rei­se in die Vergangenheit. 

Geröll mit Geschichte

Archäo­lo­gie mag für vie­le zunächst nach Staub, Stei­nen und Schau­feln klin­gen – und das ist nicht ganz falsch. Doch Marie The­res Witt­mann zeig­te, dass hin­ter jeder Lehm­schicht und jedem Stein­bröck­chen ein Stück leben­di­ge Geschich­te steckt und ver­an­schau­lich­te, wie Städ­te­bau, Poli­tik und All­tag in der römi­schen Anti­ke mit­ein­an­der ver­wo­ben waren. So wur­de ein Hau­fen Geröll plötz­lich zu einer Metro­po­le mit Forum, Ther­men und – wer hät­te das gedacht – Parfum. 

Der Aus­flug in die anti­ke Par­fum­pro­duk­ti­on sorg­te für gro­ße Erhei­te­rung. Neben tech­ni­schen Details, die zei­gen, wie man aus exo­ti­schen Zuta­ten duf­ten­de Essen­zen gewann, warf Marie The­res Witt­mann auch ein Licht auf die „wirt­schaft­li­chen“ Hin­ter­grün­de der Duft­stoff­her­stel­lung. Der alt­be­kann­te Spruch pecu­nia non olet (Geld stinkt nicht) wur­de zwar in einem ande­ren Kon­text geprägt (Es sei an die Urin­steu­er Ves­pa­si­ans erin­nert!), passt jedoch her­vor­ra­gend zu den Gewinn­mar­gen römi­scher Parfümeure. 

Kul­tu­rel­les Ver­mächt­nis und mora­li­sche Dilemmata

Ein beson­ders nach­denk­li­cher Moment des Vor­trags war die Dis­kus­si­on über die Rol­le archäo­lo­gi­scher Fun­de als kul­tu­rel­les Ver­mächt­nis. Marie The­res Witt­mann beleuch­te­te die Fra­ge, wem die Schät­ze der Anti­ke eigent­lich „gehö­ren“. Sie zeig­te auf, wie archäo­lo­gi­sche Ent­de­ckun­gen einer­seits unser Wis­sen über die Geschich­te erwei­tern, ande­rer­seits aber auch zu Streit­punk­ten zwi­schen Natio­nen wer­den kön­nen. Die Rück­ga­be von Arte­fak­ten, die in der Ver­gan­gen­heit unter frag­wür­di­gen Umstän­den in Muse­en oder Pri­vat­samm­lun­gen gelang­ten, wirft mora­li­sche und poli­ti­sche Her­aus­for­de­run­gen auf, die bis heu­te unge­löst sind. Dabei reg­te Witt­mann die Schüler:innen dazu an, über den Wert und die Ver­ant­wor­tung im Umgang mit his­to­ri­schem Erbe nach­zu­den­ken – eine wich­ti­ge Per­spek­ti­ve, die über den Latein­un­ter­richt hin­aus­geht und Fra­gen nach Gerech­tig­keit und Iden­ti­tät aufwirft. 

Ein herz­li­ches Dankeschön

Der Vor­trag war nicht nur inhalt­lich berei­chernd, son­dern auch eine will­kom­me­ne Abwechs­lung für die Schüler:innen, die sich mit gro­ßem Enga­ge­ment ihrem Fach Latein stel­len. Infor­ma­tio­nen über das Stu­di­um und den Weg an eine Uni­ver­si­tät wie Oxford öff­ne­ten zudem Per­spek­ti­ven, die den Weg ad astra (zu den Ster­nen) plötz­lich gar nicht mehr so aspe­ra (beschwer­lich) erschei­nen ließen. 

Wir dan­ken Marie The­res Witt­mann herz­lich für ihren Besuch und ihre span­nen­de Prä­sen­ta­ti­on, die die Archäo­lo­gie zum Leben erweck­te und den Schüler:innen nicht nur die römi­sche Anti­ke, son­dern auch die aka­de­mi­sche Welt näher­brach­te. Ob mit Scher­ben, Stei­nen oder wohl­rie­chen­den Düf­ten – die römi­sche Welt bleibt fas­zi­nie­rend, und wer weiß: Viel­leicht wird eines Tages eine Schü­le­rin oder ein Schü­ler des Hein­rich-Hertz-Gym­na­si­ums selbst den römi­schen Rui­nen auf den Grund gehen. 

Vivat Lati­na!