Das Heinrich-Hertz-Gymnasium ist eine Schule mit mathematisch-naturwissenschaftlichem Profil, als solches bietet es sich natürlich an, anstatt des normalen Praktikums in der 9. Klasse ein Wissenschaftspraktikum zu machen. Genau das haben wir, wie auch schon die Jahrgänge vor uns, getan, und ich habe im Rahmen dieses Programms das IAP (Institut für angewandte Polymerforschung) in Potsdam-Golm besucht. Alles fing damit an, dass wir, typisch für Schüler:innnen, extra eine Stunde zu früh kamen, nur um es uns dann in der mehr oder weniger einladenden Lobby bequem zu machen. Und auch wenn dieser Anfang nicht ganz so verlief wie wir erwartet hatten, so war er zum Glück kein Vorzeichen für die folgenden zwei Wochen. Ich kam in den Teil des Instituts, der sich hauptsächlich mit einer Art physikalischen Chemie beschäftigte, bei meinen Leistungskursen Chemie und Physik überraschend passend.
Am ersten Tag führte uns Dr. Paulke, mit dem unsere Schule das Praktikum gemeinsam organisiert hatte, erst einmal durch das Institut und unterhielt sich mit uns über unsere Wünsche und Ziele während dieser zwei Wochen, gab uns aber auch darüber hinaus wichtige Tipps, wie man sich in der Welt der freien Wissenschaft am besten durchschlagen könnte. Im Anschluss an dieses Gespräch führte er uns dann jeweils zu unseren Plätzen, an denen wir für die folgende Zeit mitwirken würden. Ich wurde meinem Chef, Dr. Holländer, vorgestellt, welcher mich zuerst in die theoretischen Grundlagen der Dinge einführte, an denen ich mitarbeiten würde und mir so schon einige wichtige Sachen erklärte, die man in der Schule erst viel später oder überhaupt nicht lernen würde. Nach diesem kleinen Einführungstag gelangte ich nun zu dem zweiten Punkt, der dieses Praktikum für mich zu einem wertvollen Erlebnis werden ließ: der Kantine. Wie das Institut selbst befand sie sich am Rand des Campus, man hatte also von beiden Orten eine wunderschöne Aussicht auf die brandenburgische Umgebung und man ging jede Mittagspause erst über eine kleine Brücke, die den Feuerlöschteich überspannte, und dann einen kleinen Weg entlang, bis man zu dem lichtdurchfluteten, freundlichen Würfel aus Stahl und Glas kam, in dem nebenbei gesagt auch immer ziemlich leckeres Essen angeboten wurde.
Den Großteil meiner Zeit, also die ersten anderthalb Wochen, verbrachte ich mit Infrarotspektroskopie und der Auswertung verschiedenster Elementaranalysen. Das klingt jetzt beides nach ausgesprochenem Fachchinesisch, lässt sich aber auf einen einfachen Kern herunterbrechen. Bei der IR-Spektroskopie beschießt man die Moleküle eines Stoffes mit, wie der Name schon sagt, Infrarotstrahlen. Diese Strahlen werden teilweise von den Bindungen zwischen den einzelnen Atomen absorbiert, was diese in eine Schwingung versetzt. Der Rest der Strahlung wird schließlich vom Gerät absorbiert, und anhand dessen, wie viel der Energie der Strahlen auf dem Weg ‚verloren’ gegangen ist, kann man nun bestimmen, um welche Art vom Verbindung und damit um was für Stoffe es sich handelt. Diesen Vorgang führte ich mit etlichen Proben durch, die oft auch unterschiedlich behandelt worden waren, woraus sich ein breites Feld aus unterschiedlichen Spektren ergab. Auch die Elementaranalyse lässt sich so relativ einfach erklären. Hier gibt man eine Probe des zu analysierenden Stoffs in ein Gerät mit dem lieblichen Namen Röntgenphotoelektrospektrograf. Die genaue Vorgehensweise dieses Gerätes zu beschreiben würde jetzt vermutlich den Rahmen sprengen, um es kurz zu machen, liefert dieses Gerät einem am Ende ein Bild, das dem eines Seismographen gar nicht so unähnlich ist, nur etwas ebener mit stärkeren Ausschlägen, als gäbe es ein starkes Erdbeben, das aber nur aus einzelnen großen Erschütterungen bestünde. Diese Ausschläge zeigen nun, was für Stoffe zu welchem Anteil in der Probe vorhanden waren und im Endeffekt erhält man so Aufschluss über die chemische Struktur des Stoffes.
Wie schon erwähnt, verbrachte ich gut anderthalb Wochen mit dem Erstellen und Auswerten solcher Diagramme, doch war ich danach noch zwei weitere Tage am Institut, an denen ich mich völlig anderen Dingen zuwandte. An diesen Tagen half ich bei einem Doktoranden aus, der im Labor ganz anderen Sachen nachging. Hier ging es um sogenannte Nanopartikel und alle Eigenschaften die damit zusammenhingen, von Oberflächenstruktur bis hin zu den Methoden, solche Partikel wasserlöslich zu machen. In dieser Gruppe aus Doktorand:innen, Studierenden und Laborant:innen befasste ich mich also mit vielen verschiedenen Bereichen rund um diese Partikel, von denen ich anfangs nicht mehr wusste, als dass sie ziemlich klein waren. Dies lieferte noch einmal Einblicke in ein Feld, welches man sonst in der Schulzeit auch nicht nur ansatzweise behandeln würde.
Nach zwei Wochen schließlich war mein Aufenthalt am IAP vorbei und ich begab mich mit einem guten Gefühl nach Hause, froh über die neuen Erfahrungen und Einblicke, die ich in der äußerst angenehmen Atmosphäre dort gewonnen hatte, aber auch etwas erleichtert darüber, nicht mehr jeden Tag von Berlin aus bis an den Rand Potsdams fahren zu müssen.
Alexander Wiederich