Als Schülerin des LK Biologie der 11. Jahrgangsstufe habe ich im Rahmen der alljährlich im Januar stattfindenden Praktikumswochen unserer Schule mein knapp zweiwöchiges Praktikum an der Historischen Arbeitsstelle des Museums für Naturkunde absolviert. Das Zoologische Museum, das später zusammen mit dem Paläontologischen und dem Mineralogischen Museum das Museum für Naturkunde bildete, wurde 1810 zusammen mit der Humboldt-Universität gegründet. 1888 erfolgte der Umzug aus dem Universitätsgebäude an den heutigen Standort. Das Museum ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die ein Zusammenschluss deutscher Forschungsinstitute mit unterschiedlichen Fachrichtungen ist.
Die Historische Arbeitsstelle ist das Archiv des Museums und sie ist damit eines der wenigen Zentren für historische Forschungen in einem naturkundlichen Museum. Die Sammlungen enthalten ca. 20000 Bilder und 90000 Akten, die sich zum Beispiel aus den Korrespondenzen des Zoologischen Museums, des Paläontologischen Museums und der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin zusammensetzen. Es beinhaltet historische Materialien über sämtliche gesellschaftliche Epochen ab dem späten 18. Jahrhundert, von frühen Forschungsreisen bis hin zu aktuellen wissenschaftlichen Projekten des Museums. Die Hauptaufgaben des Archivs bestehen darin, selektierte Bestände aufzunehmen und zu erschließen, alte Bestände zu pflegen sowie diese für Forschungen selbst zu nutzen bzw. anderen für Forschungszwecke bereitzustellen. Die Einrichtung wird von Frau Dr. Hackethal geleitet. Ihr beigeordnet sind zwei Mitarbeiterinnen: Frau Dittmann und Frau Miehlbradt.
Ich bin auf den Praktikumsplatz durch meinen Biologielehrer Herrn Prigann aufmerksam gemacht worden. Er vermittelte mir den Kontakt zu Frau Dittmann. Meiner Bewerbung mit Anschreiben und Lebenslauf folgte ein Vorstellungsgespräch. Nach ein paar zu klärenden Formalien und einer inhaltlichen Vorbereitung, in der ich mich über das Naturkundemuseum belesen hatte, konnte ich mein Praktikum beginnen. Meine Ansprechpartnerinnen waren Frau Dr. Hackethal und Frau Miehlbradt.
Ich war ungefähr fünf Stunden pro Tag vor Ort und hatte verschiedene interessante Aufgaben zu erledigen: An den ersten Tagen führte ich das Projekt der Digitalisierung der zoologischen Fotografie-Bestände weiter. Ich durfte mir die Tiergruppe dafür selbst aussuchen. Nach einer kurzen Einweisung, wie die Repro-Anlage funktioniert, konnte ich selbstständig historische Fotografien von Schimpansen digitalisieren. Dazu gehörte teilweise auch das Erfassen von Metadaten, die sich auf den Rückseiten der Bilder befanden. Für diese Aufgabe waren meine Französischkenntnisse aus dem Schulunterricht sehr hilfreich. Die von mir elektronisch gespeicherten Bilder sollen später einer breiten Öffentlichkeit u.a. für Forschungszwecke zugänglich gemacht werden.
Da an den ersten beiden Tagen zeitgleich eine Besprechung für das Erstellen einer Online-Datenbank stattfand, wurde mir die Wahl gelassen, ob ich selbstständig die Arbeit an der Repro-Anlage weiterführen oder der Besprechung beiwohnen wollte. Neben der Bereitstellung der archivierten Materialien für Ausstellungen und Forschung ist die Bestandserhaltung eine der Hauptaufgaben des Archivs: Es ist dafür zuständig, die Sammlungen bestmöglich aufzubewahren und zu pflegen, da diese durch verschiedene chemische und mechanische Prozesse angegriffen werden. Alte Fotos sind unter anderem gegenüber dem Fettfilm auf der Haut sehr empfindlich, weshalb man bei der Arbeit mit diesen stets Handschuhe tragen muss. Alte Handschriften unterliegen oft dem sogenannten „Tintenfraß“, der durch die damals verwendete eisenvitriolhaltige Tinte entsteht, oder dem Zerfall durch Einwirkungen von im Papier enthaltenen Säuren. Diese Prozesse verstärken sich bei falscher Aufbewahrung. Von daher werden alle Fotos und Schriftstücke in archivgeeigneten Mappen und Kartons verstaut, die aus säurefreiem Papier hergestellt werden. Zur Bestandserhaltung gehört auch das Entfernen jeglichen Metalls, das sogenannte „Entmetallisieren“, um Beschädigungen durch Rost vorzubeugen. Diesem Projekt widmete ich mich in den darauffolgenden Tagen.
Parallel führte ich zusammen mit einem anderen Praktikanten das Digitalisieren und Inventarisieren von Elefantenbildern weiter und half bei der Sortierung von Akten. Dabei durfte ich sogar originale Briefe von Darwin und Humboldt einsehen.
Aber neben Fotos und Schriftstücken sind zum Beispiel auch die Walmodelle, die der Naturforscher Chamisso dem Zoologischen Museum übergeben hatte, oder einige Glasmodelle zoologischer und botanischer Motive, die von Leopold Blaschka und seinem Sohn Rudolph Blaschka angefertigt wurden, sehr sehenswert.
Am sechsten Tag bekam ich sogar eine besondere Aufgabe, die so normalerweise nicht zu diesem Praktikum gehört, da wir einen „Ausflug“ in die Abteilung der Herpetologie (Amphibien- und Reptilienkunde) machten, wo wir Alkoholpräparate von Reptilien erneuerten, was bedeutet, dass wir den Alkohol auswechselten und die Präparate mit einer neuen Nummerierung bzw. Beschriftungen versahen.
Am vorletzten Tag meines Praktikums bekam ich eine Führung durch die Werkstätten der Präparatoren. Sie war für mich ein besonderes Erlebnis, das man so als Außenstehender kaum geboten bekommt. Dort konnten mein Mitpraktikant und ich einige der Vogel-Dermoplastiken (Dermoplastik beschreibt ein Verfahren zur naturgetreuen Nachbildung von Tieren unter Benutzung eines Modells, dass mit der gegerbten Originalhaut überzogen wird) bestaunen, die zu der großen Sammlung an Vogelpräparaten, die ca. 90% aller Vogelarten weltweit umfasst, gehören. Außerdem haben wir die fast fertiggestellte Dermoplastik einer Schraubenziege und Vorlagen für die Dermoplastik des Eisbären „Knut“, die seit 2013 im Museum ausgestellt wird, gesehen.
Insgesamt kann ich auf jeden Fall sagen, dass das Praktikum eine sehr schöne, abwechslungsreiche und auch lehrreiche Zeit war, in der ich Einblicke in den Umgang mit historischen Quellen erhielt. Außerdem konnte ich mir einiges an Wissen über Archive und deren Arbeit sowie über die Geschichte der Biologie aneignen. Dieses Wissen werde ich sehr gut für den Unterricht bzw. für meine 5. Prüfungskomponente gebrauchen können.
Alles in allem wurde dadurch mein Interesse für die Arbeit mit historischen Materialien geweckt und die beiden Ausflüge haben meine Neigungen genau getroffen. Positiv hervorzuheben ist aber vor allem, dass die Arbeit in einem sehr angenehmen und ruhigen Umfeld stattfand. Zu danken habe ich den freundlichen Mitarbeiter:innen des Archivs und des Museums, die mir stets mit Rat und Tat zur Seite standen und für meine Fragen offen waren. Somit kann ich das Praktikum geschichts- und biologieinteressierten Schüler:innen nur empfehlen. Zu danken habe ich all denjenigen, die mir diese unschätzbare Erfahrung möglich gemacht haben.
Manon Kopanski