Aus dem Programmheft

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„Ich bin ein Dia­gnos­ti­ker, kein The­ra­peut” (Dür­ren­matt) 

Sind wir zum Schei­tern ver­ur­teilt? Müs­sen wir unse­re Hoff­nun­gen begra­ben, wenn wir uns für die Idea­le die­ser Welt einsetzen? 

Mit Dür­ren­matts „Phy­si­kern” (1961/1980) erlebt der Zuschau­er eine Komö­die, die ihm im Hal­se ste­cken blei­ben soll, streng gebaut nach den drei aris­to­te­li­schen Ein­hei­ten. Doch dient dies eher der Irre­füh­rung des Publi­kums als sei­ner Kathar­sis. Der Autor lockt sein Publi­kum mit den Mit­teln der Gro­tes­ke in die „Mau­se­fal­le” der Komö­die und zeigt ihnen die Unzu­läng­lich­kei­ten klas­si­scher Thea­ter­auf­füh­run­gen auf: Die­se Welt ist so kom­plex gewor­den, so undurch­schau­bar für den Ein­zeln­den, aber „…das Dra­ma Schil­lers setzt eine über­schau­ba­re Welt vor­aus […] Der heu­ti­ge Staat ist jedoch unüber­schau­bar, anonym, büro­kra­tisch gewor­den.” (Dür­ren­matt) Was für Wor­te fän­de er für die Rea­li­tät unse­rer Tage: Ein inter­na­tio­na­les Gemisch aus Fana­tis­mus, Lügen, Abhän­gig­kei­ten, falsch ver­stan­de­ner oder sehr scharf kal­ku­lier­ter Loya­li­tät und Medi­en­flu­ten mit Bil­dern, die lügen – Dür­ren­matts Schreib­an­lass war vor dem Hin­ter­grund der ato­ma­rer Gefahr ein poli­ti­scher. Wir begeg­nen den Figu­ren nach über vier­zig Jah­ren noch immer in poli­tisch ver­un­si­chern­den Zeiten.

Der Autor ord­net sei­nen Prot­ago­nis­ten über­wie­gend gute Moti­ve zu und lässt sie den­noch schei­tern. Sie bemü­hen sich um eine kla­re Ein­schät­zung ihrer Lage und ver­sa­gen mora­lisch. Wer liebt oder Opfer bringt wird schluss­end­lich selbst zu einem. Die Welt – eine Irren­an­stalt. Damals? – Heu­te? Sol­len wir also erken­nen, dass die­se Welt ohne Zukunft ist? Wir haben der Auf­füh­rung die 21 Punk­te Dür­ren­matts vor­an­ge­stellt, um die er die 1980er Fas­sung erwei­ter­te. Er will kei­ne ein­fa­chen Lösun­gen vor­spie­len, weil es kei­ne ein­fa­chen Lösun­gen gibt. Aber er hofft, hofft auf ein Publi­kum, das es gar nicht leicht machen will. Auch wir wol­len den Abend aus Lachen und Inne­hal­ten dazu nut­zen, die Welt mit ihren Men­schen doch als etwas Bewah­rens­wer­tes zu begrei­fen und neue Impul­se fin­den, um sie zu ver­än­dern. Uns hat der Text mit­un­ter an die Gren­zen unse­rer Leis­tungs­fä­hig­keit und Belast­bar­keit gebracht und noch ist nicht klar, ob auch alles klap­pen wird. Aber es hat allen Spaß gemacht die­ses Stück zu spie­len! Wir haben uns zuge­hört, um die pas­sen­de Ges­te gerun­gen, uns Mut gemacht und auch herz­lich mit- und über­ein­an­der gelacht. So bleibt als Wunsch an das Publi­kum in unser Inter­pre­ta­ti­on weit mehr zu erken­nen als nur Leh­rer im Kostüm!

Text aus dem Programm